Reges Interesse der Besucherinnen und Besucher
Die Spannbreite der zehn Stationen war weit gefasst: Sie reichten von der Frage, wie man Demenzerkrankungen erkennt und einordnet (Diagnostik), über Möglichkeiten, Demenzerkrankungen vorzubeugen (Prävention), bis hin zu Wegen, die Folgen von Demenzerkrankungen abzumildern und ihren Verlauf zu verlangsamen (Therapie). Insgesamt kamen an dem Nachmittag rund 30 Besucherinnen und Besucher in die Einrichtungen. „Wir freuen uns sehr über die gute Resonanz“, zieht Emanuela Wiest, Einrichtungsleiterin des Dr. Albert Moll-Hauses, ein positives Fazit. „Vor allem haben wir mit der Veranstaltung die Menschen erreicht, die wir ansprechen möchten: Angehörige von Menschen, die die ersten Anzeichen einer demenziellen Erkrankung zeigen oder auch schon eine diagnostizierte Demenzerkrankung haben.“
„Schiebespiel“ hilft, geistige Ressourcen zu erhalten
Vier Seniorinnen und Senioren sitzen um einen großen Tisch herum. Der Deckel eines Marmeladenglases rutscht auf der glatten Tischoberfläche blitzschnell hin und her, die Spielerinnen und Spieler stoßen ihn wie einen Puck immer wieder mithilfe eines kleinen Verpackungskartons, den sie in ihrer Hand halten, in verschiedene Richtungen. „Beim ‚Schiebespiel‘ geht es darum, schnell und unmittelbar zu reagieren. Egal, wie weit fortgeschritten die demenzielle Erkrankung ist, bei diesem Spiel können alle Betroffenen noch mitmachen“, erklärt Regina Schork, Betreuerin im Dr. Albert Moll-Haus. „Die Spielerinnen und Spieler erleben dabei ein Erfolgserlebnis, sie genießen das Gemeinschaftsgefühl und gewinnen wieder Vertrauen in sich und die Umwelt. Es ist schön zu sehen, wie sie gemeinsam lachen, gemeinsam Freude erleben und ihnen das Spiel ein Lächeln ins Gesicht zaubert.“ Das Spielen trage zudem dazu bei, die noch vorhandenen geistigen Ressourcen zu erhalten.
Spielen in Gemeinschaft als Teil der Prävention
Dass das Spielen in Gemeinschaft nicht nur demenziellen Erkrankungen vorbeugt, sondern auch allen Beteiligten großen Spaß macht, kann man am Spieletisch in den Tettnanger Lebensräumen für Jung und Alt beobachten. Das fröhliche Lachen einer Gruppe von fünf Frauen ist schon von weitem zu hören. Sie sitzen um einen Tisch herum und spielen das Kartenspiel „Skyjo“, zwei von ihnen sind 89 Jahre alt. Ziel des Spieles ist, mit Zahlen bedruckten Karten so zu sammeln und zu tauschen, dass man bei Spielende möglichst wenig Punkte hat. „Beim Spielen werden Konzentration und Gedächtnis gefordert, die Gehirnleistung wird angeregt“, erläutert Gemeinwesenarbeiterin Beatrix Hoch die positiven Wirkungen.
Kräuter stimulieren die Sinne
Diese anregende Wirkung haben auch Sinneseindrücke. Eine Station an dem Nachmittag ist der Kräutergarten des Dr. Albert Moll-Hauses. Bewohnerinnen und Bewohner haben ihn zusammen mit Mitarbeitenden angelegt. Zwölf Kräuter wie Oregano, Rosmarin, Thymian oder Salbei gedeihen hier. „Die Bewohnerinnen und Bewohner waren nicht nur bei der Erstellung des Gartens beteiligt, sondern pflegen ihn auch“, erzählt Regina Schork. Die Kräuter stimulieren Sinne wie den Tast- und den Geschmacksinn. „Für viele wecken das Riechen und das Schmecken der Kräuter Erinnerungen an früher, weil sie vielleicht einen Garten hatten oder Kräuter zum Kochen verwendeten.“
Tierische Unterstützung
Ebenfalls über die Sinne und das unmittelbare Erleben bereichert ein tierischer Gast das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im Haus der Pflege St. Johann. Helga Wüst ist mit ihrer Pudeldame Banóu gekommen. Das Besondere an ihr: „Banóu ist ein ausgebildeter Besucherhund“, erklärt Helga Wüst, die sich ehrenamtlich engagiert. „Jeder kann sie streicheln, sie ist zu allen freundlich und zugänglich.“ Mit dem Hund umzugehen, ihn zu streicheln und zu kraulen macht den Bewohnerinnen und Bewohnern sichtbar Freude. „Viele hatten früher einen Hund. Beim Umgang mit Banóu kommen Erinnerungen daran hoch“, berichtet Helga Wüst.
Film bringt Folgen der Erkrankung nahe
Einen eindringlichen Einblick in den Alltag mit einem demenziell erkrankten Angehörigen erhalten die Besucherinnen und Besucher bei der nächsten Station, einer Filmvorführung. Nahe an den zwei Hauptdarstellern, einem demenzerkrankten Mann und seiner Frau, zeigt der 15-minütige Film „Zwei Zucker“ die Herausforderungen, vor denen Angehörige im Alltag stehen. „Der Film bringt auf den Punkt, wie schwierig das Krankheitsbild ist“, erklärt Emanuela Wiest. „Es gibt viele tolle Momente mit Demenzerkrankten, aber auch viele schwere. Schwierig ist für Angehörige oft auch die Erwartungshaltung der Gesellschaft.“ Sie weist die Besucherinnen und Besucher auf die vielen Stellen hin, wo Angehörige sich professionell beraten lassen können.
Ein positives Resümee von der Veranstaltung zieht eine Besucherin aus Tettang, die eine von der Erkrankung betroffene Angehörige hat: „Es war gut, etwas mitzunehmen, was man besser machen kann.“