LIEBENAU – Fronleichnamsprozession 1940: Für einige der Teilnehmer die letzte ihres Lebens. Denn nur wenige Wochen danach, am 1. Juli, wurden die ersten Menschen aus Liebenau abtransportiert. Das Ziel: ihre Ermordung. Es war der erste von zehn Transporten. 501 Menschen, die in Liebenau und Rosenharz betreut wurden, sind in den Jahren 1940/41 in Grafeneck und in Hadamar umgebracht worden.
Die systematische Ermordung von psychisch kranken Menschen und Menschen mit Behinderungen begann in Deutschland am 18. Januar 1940. Das Gedankengut, das dazu führte, war jedoch schon Jahre zuvor aufgekeimt. 1920 veröffentlichten zwei Freiburger Professoren, der Psychiater Alfred Hoche und der Jurist Karl Binding ihre folgenschwere Schrift „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Leben“. Die beiden Professoren bezeichneten darin kranke und behinderte Menschen als „geistig tote Ballastexistenzen“, die keinen ökonomischen und gesellschaftlichen Wert hätten. Sie sprachen sich dafür aus, „die Tötung dieser Menschen, die das furchtbare Gegenbild echter Menschen bilden freizugeben.“
Adolf Hitler 1924 entwarf in seinem Buch „Mein Kampf“ sein rassenideologisches Programm. Eines der ersten rassistischen Gesetze war das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933. Es sah die Sterilisation, auch gegen den Willen der Betroffenen vor. In Liebenau wurden 147 Menschen zwangssterilisiert.
Bis zum von Hitler propagierten „Gnadentod“ für “unheilbar Kranke“ im Rahmen der so genannten „Aktion T4“, dem systematischen Massenmord, waren es nur wenige Jahre. Am 5. Mai 1939 traf in Liebenau die Aufforderung ein, die Zahl der Pflegepersonen nach Berlin zu melden, allerdings ohne Begründung. Diese Meldelisten waren später die Basis für die Transportlisten.
Termin: Montag, 29.Januar 2018
Uhrzeit: 16:30 Uhr
Ort: Kirche St. Maria, Liebenau