Schöne Feier
Schick und elegant sitzt sie im Rollstuhl. Zu ihrem pink-schwarz-gestreiften Pullover und ihrer altrosé-farbenen Strickjacke trägt sie eine schwarze Hose. Sie habe viele Erinnerungen, erzählt die Baienfurterin. Aber sie brauche Zeit zum Denken. Dann erinnert sie sich an den Besuch des Bürgermeisters anlässlich ihres Geburtstags, erzählt voller Freude davon – und lacht. „Das war gut“, sagt sie. „Das war etwas Besonderes.“ Auch die Geburtstagsfeier im Haus der Pflege mit Verwandten, Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Mitarbeitenden sei sehr schön gewesen.
Stolz auf die Familie
Auch an diesem Tag ist ihre einzige Tochter Silvia Bentele bei ihr, die mit ihrem Mann in Baienfurt lebt. Die beiden lachen viel zusammen. Josefine Krauter sagt: „Lachen und essen waren mir immer wichtig.“ Den Namen der Enkelin versteht die hochbetagte Frau wegen ihres schlechten Gehörs nicht, kann ihn aber problemlos ohne Brille vom Blatt ablesen. Dabei hellt sich das Gesicht wieder mädchenhaft auf. Ihre einzige Enkelin ist ihr Ein und Alles. „Wir sind eine schöne Familie. Das ist mein Stolz.“ Tochter und Enkelin kommen regelmäßig zu Besuch und haben vor ihrem Umzug ins Haus St. Barbara einige Jahre die nötige Unterstützung und Pflege gestemmt.
Sport als wichtiger Bestandteil
Bevor Josefine Krauter im November 2023 ins Haus der Pflege einzog, lebte sie 21 Jahre in den „Lebensräumen für Jung und Alt“, die ebenfalls zur Stiftung Liebenau gehören. Die ersten drei Jahre noch mit ihrem Mann. Auch im hohen Alter ist Sport ihr regelmäßiger Begleiter. Bis sie 93 Jahre war, ging sie zwei Mal die Woche zum Schwimmen ins benachbarte Hallenbad. „Rückenschwimmen“, sagt sie und das Wohlgefühl, das sie dabei empfunden haben muss, steht in ihrem Gesicht. Selbst nach einer Hüft-OP mit 88 Jahren und angewiesen auf einen Rollator, bewältigte sie den Weg zur wöchentlichen Krankengymnastik eigenständig. „Sport war mein Leben“, fasst sie zusammen. Zum Beweis öffnet sie ihre Faust und streckt ihre Finger. Eine ihrer häufigen Übungen. „Das muss sein.“ Dem Sport spricht sie einen Teil zu, dass sie so alt werden durfte. Ein anderer Grund könnte in der Veranlagung innerhalb der Familie liegen. „Mein Vater wurde 93 Jahre alt, dem schlage ich nach“, mutmaßt sie. Aufgewachsen ist sie als Zweitälteste von sechs Kindern in Wangen. Ihre Geschwister sind alle schon verstorben.
Kleider machen Leute
Josefine Krauter ist gelernte Schneiderin. In Heimarbeit hat sie viele Kleider genäht, wie etwa das Brautkleid ihrer Tochter oder das Kommunionkleid ihrer Enkelin. Viele Kundinnen ließen Kleidung bei ihr nähen. Ihrem Umgang mit Mode ist es sicher auch zuzuschreiben, dass sie selbst stets gepflegt und geschmackvoll angezogen ist. „Sie hat immer einen Spiegel gebraucht“, erzählt die Tochter, die ihr heutzutage bei der Wahl der Garderobe hilft.
Freude
Das tägliche Gebet ist Josefine Krauter genauso wichtig wie die regelmäßigen Gespräche mit dem Pfarrer. „Ich wollte oft sterben, dann aber doch nicht“, schildert die alte Dame. „Jetzt bin ich 100 Jahre alt und darüber freue ich mich“, sagt sie. Und lacht.