63 Flüchtlinge aus einer Rehaklinik nahe Charkiv waren eine Woche lang unterwegs, bis sie jetzt in Hegenberg bei der Stiftung Liebenau Zuflucht gefunden haben. Unter ihnen sind 18 schwer- und mehrfachbehinderte Kinder im Alter zwischen 11 Monaten und 10 Jahren, die nur liegend transportiert werden konnten. Zwei Kinder mussten vorübergehend in einer Kinderklinik in Friedrichshafen behandelt werden.
Ein Zeichen der Solidarität
„Dass wir unsere Häuser für Menschen in Not öffnen, in einer Zeit, in der wieder Krieg in Europa herrscht, ist für uns und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Selbstverständlichkeit und ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen eines Landes, das dieser Tage buchstäblich zerbombt wird, sagt Prälat Michael H. F. Brock, Vorstand der Stiftung Liebenau. Die Initiative ging vom Bodenseekreis aus, der für die Unterstützung der Geflüchteten zuständig ist. „Wir haben das Hilfsgesuch erhalten und sind froh und dankbar, dass wir bei der Stiftung Liebenau entsprechende Plätze für diese Gruppe gefunden haben“, so der Sozialdezernent Ignaz Wetzel. Der Landkreis wird die Räume anmieten und im Rahmen seiner Aufgabe die Unterbringung von Flüchtlingen finanzieren. Das Amt für Migration und Integration wird sich um die Gewährung von Leistungen kümmern.
Intensive Vorbereitungen
Die Vorbereitungen auf die Ankunft führte Menschen verschiedener Hilfsorganisationen wie selbstverständlich zusammen: Die Koordination erfolgte über den Kreisbrandmeister für Brand- und Katastrophenschutz. Das Technische Hilfswerk stattete die Häuser in Hegenberg mit Betten aus. Der Bodenseekreis, mit dem Jugendamt, Vertreterinnen und Vertretern des Amtes für Migration und Integration, das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter, die Freiwillige Feuerwehr, Dolmetscher und Ärzte arbeiteten in den letzten Tagen intensiv auf die Ankunft der Gruppe hin. Eine Woche lang dauerten die Vorbereitungen dieser Teams bis zur Nacht auf Sonntag, an dem die ersten Geflüchteten aufgenommen werden konnten. „Das war ein Akt der Menschlichkeit“ so Brock, „über 100 Menschen haben es gemeinsam ermöglicht.“
„Zeit zur Ruhe zu kommen“
18 Stunden dauerte die Fahrt von der polnischen Grenze bis Hegenberg bis die 18 Krankentransporte und ein Bus voller Helfer und Familien schließlich in Hegenberg ankamen. Zimmer wurden bezogen, Essen stand bereit, für viele die erste Dusche nach einer Woche Flucht. „Es waren sehr emotionale Stunden, selbst die Dolmetscher vor Ort kämpften mit den Tränen angesichts der Schilderungen“ sagt Heilerziehungspflegerin Laura Decker, die nun Ansprechpartnerin für die Geflüchteten ist.
Leid ist unglaublich
Nach einigen Stunden kehrte Ruhe ein. „Jetzt ist es Zeit zur Vernunft zu kommen“, ergänzt Prälat Brock. „Die Menschen aus der Ukraine erlebten unglaubliches Leid. Menschen, die Freunde und Nachbarn waren, müssen gegeneinander kämpfen, ein einziger Mensch ist dafür verantwortlich“ resümiert Brock. Der Sozialdezernent des Bodenseekreises Ignaz Wetzel spricht aus, was alle am Sonntagabend empfanden: „Auf die Hilfsbereitschaft der Menschen im Bodenseekreis, kann man sich verlassen.“ Besonders dankte er der Deutschen Bahn und dem RAB. Sie hatten den Bus, den Treibstoff und die Maut unentgeltlich gestellt. Die Fahrer der DB hatten sich freiwillig für diesen Einsatz melden können.
Weitere Plätze stehen bereit
Es stehen noch etwa 140 weitere Plätze für begleitete Gruppen aus Kinderheimen in Hegenberg und in Liebenau bereit, sie werden in diesen Tagen evakuiert. Der Bodenseekreis und die Stiftung Liebenau sind darauf vorbereitet, wie viele andere in diesen Tagen, die solidarisch und mit offenen Armen Menschen aufnehmen, die alles verloren haben.