Lebensqualität kommt zurück
Herr Friedrich (Name geändert) wartet schon. Er leidet nach der Amputation eines Beines nicht nur an Phantomschmerzen, sondern auch an der eingeschränkten Selbstständigkeit, die den ehemaligen Bauingenieur sehr bedrückt. Dank verschiedener Medikamente kommt er einigermaßen klar. Aber der Phantomschmerz am großen Zeh, der ja eigentlich gar nicht mehr da ist, bringt ihn manchmal zur Verzweiflung. Theresia Wilhelm hat erkannt, wie sie Hand anlegen muss, um diesen Schmerz zu vertreiben. Zehn Minuten später fühlt sich Herr Friedrich sehr viel besser. Er wird jetzt einige Tage schmerzfrei sein und strahlt. „Ich war ja zunächst skeptisch“, sagt er, „weil ich immer alles genau berechnen und verstehen möchte.“ Seine anfängliche Skepsis hat er aber schnell überwunden, weil er spürt, die Hände von Theresia Wilhelm setzen dort an, wo der Schmerz sitzt. Friedrich hat ein großes Stück Lebensqualität zurückgewonnen, weil er auch die Einnahme der Medikamente reduzieren konnte.
Linderung im Vorbeigehen
Auf dem Weg zu einer anderen Bewohnerin trifft Theresia Wilhelm auf eine Kollegin, die über einen verspannten Nacken klagt. „Lass uns mal wieder eine Behandlung machen“, sagt sie fröhlich. Und tatsächlich: Nach wenigen Minuten entspannt sich die Kollegin. Früher musste sie sich während des Dienstes mit Schmerztabletten behelfen. Heute gelingt die Schmerzlinderung quasi im Vorbeigehen. Theresia Wilhelm betont: „Ich weiß inzwischen genau, wo ich bei ihr ansetzen muss, dann kann die Therapie schnell und durchaus auch anhaltend wirken.“
Gute Kombination
Theresia Wilhelm ist ausgebildete „Krieger und Kunz Therapeutic Touch®“-Lehrerin und im Team im Haus Martinus auch als Seelsorgebeauftragte unterwegs. Eine gute Kombination. Das findet auch Özlem Ulu, die Einrichtungsleiterin. „Frau Wilhelm hat bei uns als Sozialbetreuerin begonnen und fragte mich eines Tages, ob sie Therapeutic Touch® anbieten dürfe.“ Man habe sich das angesehen, eine dreimonatige Testphase angeschlossen und festgestellt: „Das ist eine tolle Sache und auch im betriebsamen Pflegealltag leicht umzusetzen.“
Ergänzende Pflegemaßnahme
Therapeutic Touch® wurde vor über 40 Jahren als ergänzende Pflegemaßnahme in der Alten- und Krankenpflege entwickelt und kommt aus den USA. Dort wird diese Therapieform in Krankenhäusern, Hospizen oder Langzeitpflegeeinrichtungen erfolgreich angewandt. Es zeigt sich im Alltag, dass diese Therapiemethode auch medikamentöse Unterstützung reduzieren kann oder ganz absetzen hilft. „Es bleibt aber eine begleitende Maßnahme, die selbstverständlich medizinische Indikationen nicht ersetzt, aber heilsam unterstützt“, erklärt Theresia Wilhelm. Im Haus Martinus bietet inzwischen ein Team von vier Kolleginnen Therapeutic Touch® an, denn es trägt auch zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei, die im Pflegealltag durch diese kleine Auszeit schnell wieder mit Freude weiterarbeiten können. Inzwischen werden Kurse im stiftungseigenen Weiterbildungsprogramm der Akademie Schloss Liebenau angeboten.