Hier ihr Bericht:
„Seit September 2021 sind wir, Eva und Paul, für ein Jahr in verschiedenen Ländern Osteuropas unterwegs, um vor Ort Hilfsorganisationen, Einrichtungen oder hilfsbedürftigen Privatpersonen unter die Arme zu greifen. Wir hatten schon einige Erfahrungen gesammelt, unter anderen in einem Flüchtlingscamp, einem Jugendcenter, einer Palliative-Care-Einrichtung und im Umweltschutz, als wir im Mai für zwei Wochen die Mitarbeitenden der BDS-Sozialstation unterstützten. Seit über zwanzig Jahren erhalten dort verarmte, vereinsamte, kranke und ältere Menschen Pflege und Betreuung. Möglich wird die Unterstützung durch die Mitglieder des BDS-Freundeskreises sowie weiteren Spenderinnen und Spendern.
Herzlicher Empfang
In Varna angekommen wurden wir sehr herzlich von Margarita Dragneva, der Leiterin des BDS vor Ort, und ihrem Team empfangen. Bei einem gemeinsamen Kaffee überlegten wir, wo wir während der zwei Wochen am sinnvollsten helfen könnten. Schnell war klar: Großen Bedarf gibt es bei der Reinigung der Wohnungen, denn viele von der Sozialstation betreute Menschen sind bettlägerig und allein; Haushaltshilfen sind rar. Gleich am nächsten Tag ging es los: An der Küche der Sozialstation stellte uns Margarita den Sozialarbeiter Hrachya Margaryanvor. Ihn durften wir von nun an auf seiner täglichen Ausfahrt der Essenspakete begleiten. Zum Glück spricht Hrachya Englisch, aber wir haben uns, auch über die Sprache hinaus, auf Anhieb gut verstanden. Er fuhr mit uns von Klient zu Klientin, stellte uns vor und fragte, ob sie unsere Hilfe brauchen. So bekamen die älteren Menschen einen ersten Eindruck von uns. Wir hatten immer eine Mappe mit Fotos von unserer Familie und unserer Heimatstadt dabei; oft half auch ein Übersetzungsprogramm. Und tatsächlich baten einige um Unterstützung. So halfen wir Neli, Izabela, Violeta und Beka dabei, ihre Bäder und Küchen zu putzen, Fenster zu reinigen, Böden zu saugen, zu wischen und Müll zu entsorgen.
Kein fließendes Wasser
In den vergangenen Monaten hatten wir schon so einige ärmliche Wohnverhältnisse in Osteuropa gesehen, wussten um den niedrigen Hygienestandard und die vielen „Unsichtbaren“, die ihre Wohnungen nicht mehr verlassen können. Dennoch machte uns manches, was wir in Varna sahen, doch sehr still und nachdenklich: Fließendes oder warmes Wasser ist keine Selbstverständlichkeit, und oft drehten wir erfolglos an der Armatur. Manche Bäder besitzen nur ein Waschbecken und eine Toilette, keine Duschmöglichkeit, kein Fenster. Wir reagierten darauf, brachten bei den nächsten Besuchen kochendes Wasser in einer Thermoskanne und Wasser in Plastikflaschen mit. Hrachya besorgte uns alle übrigen Reinigungsutensilien. Ganz besonders beeindruckt hat uns, wie freundlich, wertschätzend und geduldig er mit jedem einzelnen Menschen umgeht. Durch die täglichen Besuche der Sozialstation des BDS erhalten die Menschen nicht nur warmes Essen und Lebensmittelpakete, Medikamente und medizinische Unterstützung – sie bekommen Zeit, ein kurzes Gespräch, einen freundlichen Blick, sie werden wahrgenommen.
Die Beschenkten sind wir
Es lässt sich nicht leugnen, dass wir bei diesen Putzaktionen unsere Komfortzone verlassen mussten. Oft dauerte es etwas, bis wir uns auf die Situation vor Ort einlassen konnten. Doch wir haben so viel Offenheit, Dankbarkeit und Interesse erfahren, dabei viel gemeinsam gelacht. Beim Verabschieden sind wir die Beschenkten. Wir sind jeder einzelnen Person nähergekommen, haben etwas von ihrer Familie und ihrer Biografie erfahren. Wir werden all diese besonderen Menschen und ihre Geschichten mit nach Hause nehmen und bedanken uns für diese besondere Zeit.“