Berufliche Perspektiven
Nimmy Mathew gehört zu den ersten elf Lehrgangsteilnehmerinnen, die in verschiedenen Pflegeeinrichtungen der Stiftung Liebenau arbeiten. Sie hat in ihrer Heimat einen Studiengang im Bereich der Krankenpflege absolviert und bald den Wunsch verspürt, in Europa zu arbeiten. Denn in Indien herrscht kein Mangel an Pflegefachkräften, es fehlen eher Stellenangebote für sie. Die Tante einer Freundin lebt in Deutschland und erzählte viel Gutes über dieses Land und die beruflichen Möglichkeiten. Dies gab den Ausschlag. „Wegen der Sprache war ich sehr gespannt“, erzählt Nimmy Mathew, die jetzt die Prüfung zur Anerkennung als Gesundheitspflegerin bestanden hat. „Viele Menschen haben mich auf meinem Weg unterstützt, besonders die Stiftung Liebenau“, berichtet sie.
Lehrgang mit Theorie und Praxis
Ohne Anerkennung ihres Berufsabschlusses können Pflegekräfte aus dem Ausland in Deutschland nur als Hilfskräfte eingesetzt werden. Und für Pflegekräfte aus Drittstaaten, also aus Staaten, die nicht zur EU oder EFTA gehören, gibt es als Hilfskraft kein Visum. Dringend benötigt werden aber Fachkräfte. Deshalb hat die Stiftung Liebenau einen berufsbegleitenden Lehrgang mit 25 Unterrichtstagen entwickelt und zertifizieren lassen. Der Hintergrund: Die Details der Ausbildung und Aufgaben von Pflegepersonal unterscheiden sich oft von Land zu Land. In Indien zum Beispiel kümmern sich die Angehörigen um die Grundpflege. Der neuartige Lehrgang gleicht solche Unterschiede aus, der umfangreiche Unterrichtsstoff reicht von der Körperpflege über spezielle Krankheitsbilder bis zu rechtlichen Fragen. „Viele Inhalte dienen der Auffrischung und Ergänzung von bereits vorhandenem Wissen, vieles ist auch neu für ausländische Pflegekräfte, zum Beispiel die Vorschriften zur Pflegedokumentation“, erklärt Carola Merk, Abteilungsleiterin für den Bereich Pflege und Betreuung am Berufsbildungswerk Adolf Aich der Stiftung Liebenau in Ravensburg.
Weitere Kurse sind geplant
Inzwischen läuft bereits der zweite Kurs, diesmal mit 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie stammen wiederum überwiegend aus Indien, aber auch aus Osteuropa. Der nächste Kurs soll bereits im September folgen. „Im nächsten Jahr wollen wir vier bis fünf Kurse anbieten, um den vielen Anfragen gerecht zu werden“, kündigt Katja Wachter, Weiterbildungskoordinatorin Projekt Indien, an. Schon bald sollen die Kurse auch die generalistische Pflege umfassen. Zugangsvoraussetzung sind Deutschkenntnisse auf B2-Niveau. Dies entspricht einer guten Mittelstufe, in der eine fließende Verständigung auch zu Fachthemen möglich ist.
Begleitung auch im Alltag
Die Kurse richten sich nicht nur an Pflegekräfte, die vor kurzem nach Deutschland gekommen sind, sondern auch an solche, die hier schon lange in der Pflege arbeiten und nun die Anerkennung ihres Berufsabschlusses erreichen möchten. Die Kurse sind offen für Pflegekräfte aller Einrichtungen, auch außerhalb der Stiftung Liebenau. Carola Merk und Katja Wachter teilen sich die Aufgaben rund um die Lehrgänge, Prüfungen und Betreuung der Teilnehmenden. Zudem gibt es in den Pflegeeinrichtungen der Stiftung Liebenau Ansprechpartner, die die ausländischen Pflegekräfte im Alltag begleiten, etwa bei Behördengängen. „Uns ist wichtig, dass sie sich bei uns wohlfühlen“, betont Katja Wachter.
Viel gelernt und erfahren
Nimmy Mathew ist froh, dass sie den Lehrgang absolviert hat. „Ich dachte zunächst: Ich habe bereits Krankenpflege gelernt, was sollte ich jetzt noch lernen? Aber bald wurde mir klar, wie wichtig dieser Kurs für mich ist“, erzählt sie. Sie habe medizinische Fachbegriffe gelernt und viel über deutsche Gesetze erfahren. „Ich möchte allen meinen Lehrern danken, weil sie sich viel Mühe gegeben haben, uns zu unterrichten“, sagt sie. „Vielen Dank an alle, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.“