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Corona und Inklusion: Drei Fragen an... die BBW-Geschäftsführer

RAVENSBURG/ULM – Mit der schrittweisen Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Reha in Baden-Württemberg hat auch das Berufsbildungswerk (BBW) der Stiftung Liebenau seinen Ausbildungsbetrieb ab dem 4. Mai 2020, also einen Tag vor dem heutigen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, wieder aufgenommen. Die beiden BBW-Geschäftsführer Christian Braun und Herbert Lüdtke beantworten die wichtigsten Fragen dazu:

#BBWinklusiv

Herr Braun und Herr Lüdtke, wie genau geht es jetzt im BBW wieder los?

Wir beginnen zunächst mit einer Teilöffnung. Das heißt, dass in einem ersten Schritt die diesjährigen Abschlussprüflinge an ihre Ausbildungsplätze und in ihre Berufsschulklassen an unseren beiden Standorten in Ravensburg und Ulm zurückkehren. Dazu kommen jene Jugendlichen aus der Berufsvorbereitung, für die es um ihren Hauptschulabschluss geht. Danach folgen in einem gestuften Verfahren weitere Teilnehmende. An unserem Hauptstandort Ravensburg betrifft das zunächst gut 100 Teilnehmende. Ziel ist es, diese jungen Menschen in den kommenden Wochen und Monaten auf eine erfolgreiche Prüfung vorzubereiten.

Das alles geschieht selbstverständlich unter Beachtung der veränderten Rahmenbedingungen. So ergreifen wir alle möglichen Maßnahmen, um das Infektionsrisiko der Rehabilitanden und Mitarbeitenden zu minimieren. Es gelten strikte Hygienevorgaben, Klassengrößen und Ausbildungsgruppen werden reduziert, um die nötigen Abstandsregeln stets einhalten zu können, die Arbeitszeiten werden gestaffelt.  Bis auf weiteres wird es im BBW eine Kombination von Präsenzzeiten und Heimlernphasen geben, die sich an den jeweiligen aktuellen Corona-Verordnungen orientiert. Die Heimlernphase wird dabei stetig und dynamisch an die individuellen Gegebenheiten angepasst.

Wie lief dieses hundertprozentige „Heimlernen“ denn für die Teilnehmenden in den vergangenen sieben Wochen?

Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten, da das Spektrum unserer Teilnehmenden und ihrer Beeinträchtigungen sehr breit ist – und dementsprechend unterschiedlich kamen und kommen die Jugendlichen mit dieser Ausnahmesituation zurecht. Wir haben sie natürlich während der Schließungsphase in den vergangenen Wochen weiterhin nicht nur fachlich, sondern auch sozialpädagogisch und wenn nötig psychologisch betreut. Dabei standen wir mit unseren Azubis, Schülerinnen und Schüler über die verschiedensten Kommunikationskanäle in Kontakt: per Mail, per Post, per Telefon und wenn möglich natürlich auch über unsere digitale E-Learning-Plattform, die bei uns ja schon vor der Coronakrise im Ausbildungsalltag von vielen Azubis genutzt wurde. Doch nicht alle unserer Teilnehmenden sind zuhause hochgradig digital vernetzt. Insofern gibt es aktuell wohl bei den Jugendlichen nach dieser langen Heimlernphase einen ganz unterschiedlichen Stand.

Wie stehen für den aktuellen Absolventenjahrgang die unter „Normalbedingungen“ sonst ja traditionell guten Inklusionschancen?

Die sogenannten „fitten“ Jugendlichen werden keine zusätzlichen Probleme haben, Personen mit psychischen Störungen schon eher, insbesondere aber jene Menschen mit Mehrfachbehinderungen. Sie haben es in der aktuellen Situation sicher schwerer, gerade jetzt den letzten Schritt ins Berufsleben zu schaffen. Dennoch ist geplant, an den jeweiligen Maßnahmezielen festzuhalten und gemeinsam mit den Teilnehmenden auf die (verschobenen) Prüfungen hinzuarbeiten. Dementsprechend müssen wir als BBW nun einen noch einmal verstärkten Aufwand betreiben, um diese Jugendlichen zum erfolgreichen Abschluss sowie zur anschließenden Vermittlung auf den Arbeitsmarkt zu führen und damit Inklusion zu ermöglichen. Bei besonders schutzbedürftigen Menschen, zum Beispiel Menschen mit schweren Behinderungen oder Krankheiten, die als Risikofaktoren gelten, ist das Ganze derzeit natürlich noch komplizierter.

Ein wichtiger Grundsatz ist aber, dass Menschen mit Behinderungen auch in Corona-Zeiten nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Gleichstellung ist jetzt für uns mehr denn je eine große Herausforderung und erfordert von unseren Mitarbeitenden nochmals ein Mehr an Engagement. Bei unserer Klientel kann man nicht davon ausgehen, dass es jetzt von alleine wieder läuft. Das Wichtigste: Im Vordergrund steht aktuell der Gesundheitsschutz für alle, und auch in der Krise erfüllen wir als Berufsbildungswerk weiter unseren gesetzlichen Auftrag: Junge Menschen mit Behinderungen fit für ihr späteres Berufsleben zu machen.

 

 

 

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